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Krematorium am Anschlag?

Die Anzahl Todesfälle im Zusammenhang mit Corona sind im Kanton St.Gallen überraschend hoch. Rund 10% aller Verstorbene in den letzten 14-Tagen stammen aus dem Ostschweizer Kanton. Diese steigenden Zahlen sind auch in der Stiftung Krematorium St.Gallen spürbar.

Seit rund einem Monat hat es sich abgezeichnet: Die Todesfälle im Zusammenhang mit dem Coronavirus sind im Kanton St.Gallen überdurchschnittlich hoch. In den letzten 14 Tagen stammten rund 10% aller verstorbenen Personen in der Schweiz aus dem Kanton St.Gallen. Und das, obwohl der Kanton nur rund sechs Prozent der Schweizerbevölkerung ausmacht. Auch bei den Fallzahlen befindet sich der Kanton St.Gallen eher im Durchschnitt. Von den insgesamt 849 Corona-Todesfällen der letzten zwei Wochen stammen 91 aus dem Kanton St.Gallen. Damit hat St.Gallen hinter Bern und Waadt am drittmeisten Coronatote. In einer normalen Grippesaison sterben im Kanton St.Gallen zwischen 46 und 86 Menschen an der Grippe. Die Pandemie hat dagegen schon 157 Menschen das Leben gekostet. Im Kanton St.Gallen sind somit mehr als doppelt so viele Menschen an Corona verstorben, wie normalerweise an der Grippe.

Bildquelle: covid19.admin.ch

Krematorium erreicht höchst Werte

Auch in der Stiftung Krematorium St. Gallen ist die momentane Zunahme der Verstorbenen spürbar. So werden normalerweise im Schnitt 18 Verstorbene pro Tag kremiert. In den letzten 14 Tagen ist diese Zahl aber stark gestiegen, wie Ursula Lauber, Geschäftsführerin der Stiftung Krematorium St.Gallen erzählt. «Die maximale Anzahl an Kremationen pro Tag haben wir jetzt. In den letzten 14 Tage haben wir die meisten Einäscherungen gemacht, welche wir seit jeher in einer Woche gemacht haben.» In den vergangenen zwei Wochen hat die Stiftung Krematorium St.Gallen pro Tag rund 30 Verstorbene eingeäschert. Pro Woche waren es zwischen 150 und 170 Feuerbestattungen.

Bildquelle: Tagblatt, Michel Canonica

Verbrennungen rund um die Uhr möglich

Doch trotz den deutlich höheren Kremationszahlen kommt die Stiftung Krematorium St.Gallen noch nicht an ihren potenziellen Anschlag. Ursula Lauber sagt: «Wir haben seit 2016 ein neues Krematorium in St.Gallen. Und mit diesen Anlagen könnten wir rund um die Uhr kremieren.» Dies ist mit dem aktuellen Mitarbeiterstamm zwar nicht möglich, aber mit zusätzlichem Personal und einem anderen Arbeitszeitmodell könnte man durchaus das Potenzial entsprechend ausschöpfen. Sollte es dennoch mal soweit sein, dass man die tägliche Kremationskapazität mit dem aktuellen Mitarbeiterstamm ausgeschöpft hat, wird der Verbrennungstermin um einen bis maximal zwei Tage verschoben. Im Krematorium St.Gallen könne man aber immer eine Feuerbestattung in nützlicher Frist machen, so Ursula Lauber. Warten oder auf eine Erdbestattung ausweichen muss man also nicht. Vor allem nicht, wenn die Familie das nicht möchte.

Natürliche Schwankungen

In den letzten zwei Wochen hat das Krematorium zwar eine deutliche Zunahme gespürt. Trotzdem ist diese Situation nichts Neues. Denn Schwankungen seien immer vorhanden, so Ursula Lauber. Im Winter oder wenn eine Grippewelle gastiert, habe man auch in anderen Jahren diese Schwankung schon erlebt. Somit ist die aktuelle Zunahme an Kremationen nichts Neues und auch nicht nur während Corona so.

Andrina Mettler, 13.11.2020