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Zwei Stolpersteine für St.Gallen – Wir erinnern uns

Bildquelle: toxic.fm/ Noemi Grogg

In St.Gallen wurden heute Donnerstag Stolpersteine gesetzt. Diese erinnern an die Opfer des Nationalsozialismus und ihre Geschichten. Die intensiven Recherchen helfen Nachfahren der Opfer, mehr über ihre Familiengeschichte zu lernen.

Stolpersteine werden seit 1992 gesetzt. Mittlerweile sind es insgesamt über 100‘000 in ganz Europa. Die goldenen Messingsteine sollen an, aufgrund nationalsozialistischer Verfolgung, deportiert und ermordete Menschen erinnern. Vor zwei Jahren wurde der erste Stolperstein in der Stadt St.Gallen gesetzt. Heute folgten zwei weitere in der Rosenbergstrasse 44 und der Wassergasse 16.

Schulden als Todesurteil

Einer davon gedenkt Szloma Sochaczewski. Der gebürtige Pole wuchs in St.Gallen auf. Er wohnte lange an der Rosenbergstrasse 44, wo jetzt ein Stolperstein an ihn erinnert. Sochaczewski hatte mit Schulden zu kämpfen. Besonders die Staatsschulden, die er nicht vollständig zurückzahlen konnte, wurden ihm zum Verhängnis. Im Jahr 1937 wurde er deshalb aus der Schweiz ausgewiesen. Die Stadt begründete damals: «Als lästiger Ausländer ist er nicht zu dulden». Dass Sochaczewski sein ganzes Leben in der Schweiz verbracht hatte, wurde hier ignoriert. Die polnische Botschaft in Bern setzte sich speziell für Szloma Sochaczewski ein. Der Rekurs konnte jedoch einfach ignoriert werden, da die Frist dazu abgelaufen war. Er verliess die Schweiz und liess sich in Lyon, Frankreich nieder. Etwa fünf Jahre später starteten die Deportationen von Juden in Frankreich. Bei der letzten wurde dann auch der ehemalige St.Galler in einem Eisenbahnwagen wohl nach Auschwitz gebracht. Angekommen sei er laut dem Historiker Max Lemmenmeier aber wahrscheinlich nicht. Seine Beste Chance zu überleben, wäre laut ihm eine Flucht in die Schweiz gewesen.

Keine Ahnung von der Geschichte

Sochaczewskis Neffe Daniel Socha wusste nichts von den schockierenden Erlebnissen in seiner Familiengeschichte. Darauf aufmerksam gemacht, wurde er von Lemmenmeier, welcher die Geschichte seines Onkels recherchierte. «So stelle ich wieder eine Verbindung zu meinem Onkel und so auch meinem Vater her», sagt Daniel Socha. Der Verwandte erfuhr zum Beispiel, dass er zur selben Kanti wie sein Onkel ging. Für die Recherche ist Socha sehr dankbar. «Für mich war das, als ob eine neue Tür aufgeht», betont er. Durch sie weiss er jetzt viel mehr über seine eigne Familiengeschichte.

Noemi Grogg, 12.06.205