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Ist Prostitution eine Sittenwidrigkeit?

Jahrelang hatten Prostituierte vor Gericht schlechte Karten. Dies ändert sich nun dank einem Bundesgerichtsentscheid. Der bekannte Milieu-Anwalt Valtentin Landmann und Beraterinnen von Sexarbeiterinnen reagierten mit grosser Freude auf das Urteil aus Lausanne. 

Wurde eine Prostituierte von ihrem Freier über den Tisch gezogen, hatte sie bisher vor Gericht nur geringe Chancen. Das schweizerische Bundesgericht bezeichnete ihre Arbeit in früheren Fällen als sittenwidrig. Laut Obligationenrecht ist ein Vertrag, der gegen die guten Sitten verstösst, nicht gültig. Jetzt kommt aber ein wegweisendes Urteil vom Bundesgericht in Lausanne. Es entschied, dass Verträge zwischen Freier und Prostituierter nicht per se als Sittenwidrig bezeichnet werden können.

«Dieser Bundesgerichtsentscheid bedeutet, dass die Arbeit einer Prostituierten den vollen Rechtsschutz des schweizerischen Rechts verdient», erklärt Valentin Landmann, Milieu-Anwalt, gegenüber toxic.fm. Würde es nach dem Star-Anwalt gehen, müsste die Sittlichkeit ganz aus den Gesetzen gestrichen werden. Legal ist die Prostitution in der Schweiz schon lange. Jedoch hatten Sexarbeitende keine Chance vor Gericht, falls ein Freier ihnen das Geld für die Arbeit nicht zahlte.

Urteil wegweisend für die Zukunft 

Bei «Maria Magdalena», eine Beratungsstelle vom Kanton St.Gallen für Personen im Sexgewerbe, tönt es sehr ähnlich. Martina Gadient, Fachbereichsleiterin bei «Maria Magdalena» sagt: «Frauen werden immer wieder von Freiern unter Druck gesetzt, vor allem, wenn es um den Preis geht». Seit dem Ausbruch der Coronapandemie hat es in St.Gallen vermehrt Meldungen auf der Beratungsstelle gegeben, dass Männer den abgemachten Preis nicht bezahlen möchten. «Das Urteil des Bundesgerichtes ist enorm wichtig, weil es auch das Selbstbewusstsein der Sexarbeiterinnen stärkt und sie im Notfall wissen, dass sie eine Klage einreichen können», sagt Gadient weiter.