News

So kontrollieren St.Galler Betriebe die Zertifikate

Seit bald drei Wochen gehört das Handy zu den wichtigsten Accessoires beim Besuch von Restaurants oder Museen. Ohne Covid-Zertifikat ist das Betreten von öffentlichen Innenräumen fast nirgends mehr möglich. Kontrolliert wird in der St. Galler Innenstadt unterschiedlich streng.

Am Tisch bitte das Zertifikat vorweisen. Dieser Satz schmückt zurzeit den Eingang an vielen Cafes in der St.Galler Innenstadt. Trotz maskenlosen Innenräumen betreten die Besucher eines Cafes, in der Nähe des St.Galler Bahnhofs, das Lokal oft mit Mund- und Nasenbedeckung. Wahrscheinlich aus Gewohnheit. Entgegen dem Hinweis, man solle das Zertifikat am Tisch bereithalten, kommen die meisten Gäste schon mit ausgestrecktem Handy ins Lokal. Ist man dann an seinem Platz, nimmt die Kellnerin die Bestellung wie gewohnt auf. Kurz herrscht ein Gefühl von Normalität. Weder die Bedienung noch die Köche hinter dem Tresen tragen Masken. Die Kellnerin reisst einen jedoch schnell wieder aus der coronafreien Traumwelt. „Das Zertifikat bräuchte ich dann noch“, ergänzt sie beim Weggehen.

Zugang ohne Ausweiskontrolle

Zurück mit Gipfali und Cafe Creme, steht sie nicht mehr mit Block und Stift am Tisch, sondern mit dem Smartphone. Das eigene Smartphone gezückt und das  Zertifikat geupdatet, geht der Scanvorgang kurz und schmerzlos vorüber. Ein Ausweis wurde nicht verlangt. Beim Bezahlen erzählt die Kellnerin: «Während den Spitzenzeiten ist die Kontrolle mühsam. Dazwischen ist es kein Problem und es gab auch noch keine Zwischenfälle mit Gästen.» Ein ähnliches Bild zeigt sich in einer Chocolaterie am Klosterpatz. Die Türen öffnen sich coronakonform automatisch. Der Duft von frischem Kakao springt einem entgegen. Während die Kaffeemaschine Ed Sheeran bei seinem neusten Hit übertönt, nimmt die Kellnerin die Bestellung auf und fragt mit einem gestressten Ton nach Zertifikat und Ausweis. Das Zertifikat gezeigt und schon läuft sie wieder weg. Auch diesmal ohne die Kontrolle der ID.

Stichproben in St.Gallen

Kontrolliert ein Betrieb das Zertifikat nicht, droht eine Strafanzeige oder gar eine Schliessung des Geschäfts. In der Stadt St.Gallen ist die Stadtpolizei nur für die Kontrolle von Gastrobetrieben zuständig. Kontrolliert wird stichprobenartig. Zuständig für Betriebe ausserhalb der Gastronomie ist das Amt für Wirtschaft und Arbeit. «Das Amt für Wirtschaft und Arbeit prüft das Vorhandensein und die Einhaltung der Schutzkonzepte. Neu muss seit dem 13. September im Schutzkonzept enthalten sein, wie die Überprüfung der Zertifikate geregelt ist», erklärt das Amt. Die Hochschulen können selbst entscheiden, ob sie eine Zertifikatspflicht einführen möchten. Die Universität St.Gallen hat sich für eine Pflicht entschieden. Damit entfallen die Maskenpflicht und die Kapazitätsbeschränkungen. Auf der Homepage der HSG wird auf die Kontrollen der Zertifikatspflicht ausdrücklich hingewiesen. Man solle das Zertifikat griffbereit halten, auch als Besucher.

Nur positive Rückmeldungen von Kunstliebhabern

Betritt man die Hallen des St.Galler Kunstmuseums, wird man gleich von der Empfangsdame begrüsst. Nach einem herzlichen Grüazi wird auch sofort nach dem Zertifikat gefragt. Auch hier verläuft die Kontrolle schnell und reibungslos. Die Resonanz der Besucher sei durchwegs positiv, so die Dame am Schalter. «Wir hatten bisher nur positive Rückmeldungen und die Gäste sind froh, dass sie keine Masken mehr tragen müssen.» Der Rückgang an Gästen sei minimal. Falls ausnahmsweise doch viele Leute auf einmal ins Museum möchten, steht das Personal zu zweit bereit für die Kontrolle. Lange Schlangen gäbe es nie.

Desinteressierte Kontrolleure

An einer Informationsveranstaltung, welche ein bisschen ausserhalb der Stadt stattfindet, wird die Kontrolle nicht so streng genommen. Beim Eingang wird zwar auf die Zertifikatspflicht hingewiesen, wirklich interessieren tut es keinen. Innerhalb des Gebäudes herrscht emsiges Treiben. Es wird gelacht, geredet, Abstand war gestern. Nach einigen Minuten tauchen dann doch ein Mann und eine Frau mit gelben Westen auf. Desinteressiert wandeln sie durch die Halle. Der Mann riecht eindeutig nach Gras. Auf die Kontrolle angesprochen, wird noch immer kein Zertifikat verlangt. «Wir machen nur Stichproben, jedoch nur an den Haupteingängen. Besucher, welche kein Zertifikat haben, nehmen einfach die Nebeneingänge.» Ob ein Zertifikat gefälscht sei, interessiere ihn nicht. Nach Verlassen des Betonblocks bleibt einem nicht nur die Verantwortungslosigkeit im Gedächtnis, sondern auch der Geruch des Grases in der Nase.

Sandro Oertli, 30.09.21