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Paul Grüninger: Vom Buhmann zum Held

Heute vor 50 Jahren starb Paul Ernst Grüninger. Er verhalf mehreren hunderten Flüchtlingen aus Deutschland zur Einreise in die Schweiz. Mit seinem Handeln verlor er seinen Ruf und Karriere. In Gedenken an seine Taten finden vom 22. bis 24. Februar 2022 in St. Gallen diverse Gedenkanlässe, die «Paul-Grüninger-Tage», statt. Heute steht sein Name beispielhaft für Mut und Menschlichkeit.

In Gedenken an die Taten von Paul Grüninger finden drei Tage lang verschiedene Veranstaltungen in St. Gallen statt. Am Donnerstag den 24. Februar wird  im Kinok der Film «Grüningers Fall» ausgestrahlt. Im Film werden Weggefährten und seine kürzlich verstorbene Tochter zu Wort kommen. Auch in der Kantonsschule Burggraben werden die Schüler und Schülerinnen den Film behandeln. Anschliessend stehen Vertreter der Grüninger Stiftung für Fragen zur Verfügung.

Quelle: Wikimedia

Stolz auf Paul Grüninger

«Die Kantonspolizei darf stolz auf die Taten und den Mut von Paul Grüninger sein», so Simon Anderhalden, Polizeisprecher Kantonspolizei St. Gallen. Die Menschlichkeit, die Paul Grüninger vorgelebt habe, bleibe im alltäglichen Geschehen der Kantonspolizei präsent. Jedoch könne man seine damaligen moralischen Handlungen nicht mehr direkt im Polizeialltag anwenden. Die damalige Zeit sei mit der heutigen nicht zu vergleichen. Früher gab es Krieg und Notstände und grosse Flüchtlingsströme. Im Eingangsbereich des Polizeikommandos erinnert eine Gedenktafel  an den Nationalhelden Paul Grüninger. Bei Führungen im Kriminalmuseum der KAPO St. Gallen hat er auch seinen festen Platz. Innerhalb der Polizei werde den Mitarbeitenden aufgezeigt, was Paul Grüninger vorgelebt hat.

«Die Kantonspolizei darf stolz auf die Taten und den Mut von Paul Grüninger sein.»

Mit grossem Stolz und Ehrfurcht sieht Simon Anderhalden auf die kommenden «Paul-Grüninger-Tage». Mit der aktuellen Medienpräsenz um die Person von Paul Grüninger hofft die Kantonspolizei St.Gallen, dass alle Generationen wieder mehr über die Taten des ehemaligen Polizeikommandanten erfahren.

Wer ist Paul Grüninger

Paul Ernst Grüninger wurde am 27. Oktober 1891 in St. Gallen geboren. Er arbeitete als Lehrer, in seiner Freizeit war er passionierter Fussballspieler und spielte beim FC Brühl. In der Saison 1914/1915 und wurde mit dem FC Brühl Schweizer Meister. In Gedenken an Paul Grüninger heisst das Stadion des FC Brühl bis heute Paul-Grüninger-Stadion. Ab dem Jahr 1925 war er Kommandant der St. Galler Kantonspolizei. In seiner Zeit als leitender Polizeikommandant an der deutschen Grenze, rettete er zwischen 1938 und 1939 mehrere hundert Jüdinnen und Juden das Leben. Das nationalsozialistische Deutschland hat die Pässe der deutschen Juden mit einem roten J gekennzeichnet.

Quelle: Wikimedia

Die Folgen seiner Taten

Ab dem 5. Oktober 1938 war es  jüdischen Menschen aufgrund der Verordnung nicht mehr möglich ohne Visum auszureisen. Paul Grüninger hat diese Weisungen der Bundesregierung ignoriert und die Einreisedokumente vordatiert um diese gültig zu machen. In nur wenigen Monaten gelang es Paul Grüninger und anderen St. Galler Polizisten so hunderte oder sogar mehr Juden zu retten. Deswegen wurde er 1939 entlassen und wegen Amtspflichtverletzung und Urkundenfälschung gerichtlich verurteilt. Seither lebte er in Armut, da ihm auch seine Pensionsansprüche verweigert wurden. Trotz seiner misslichen Lage bereute er bis zu seinem Tod sein Handeln nicht.

«Es ging darum, Menschen zu retten, die vom Tod bedroht waren. Wie hätte ich mich unter diesen Umständen um bürokratische Erwägungen und Berechnungen kümmern?»

Zitat, Paul Grüninger Jahr 1954

Kurz vor seinem Tod wurde er vom Staat Israel als «Gerechter unter den Völkern» ausgezeichnet. 55 Jahre nach seiner Verurteilung und 23 Jahre nach seinem Tod wurde er freigesprochen. Der Enkel von Paul Grüninger und ein Nachkomme einer geretteten jüdischen Familie erinnern sich im Radiobeitrag an Grüningers Wirken.

Kathrin Lippuner, 22.02.2022