Das Coronavirus verdonnert die Meisten zu Homeoffice. Was für frisch Verliebte eine sexreiche Zeit bedeutet, kann für Langzeitpaare zur Beziehungsprobe werden.
Gemeinsam aufstehen, frühstücken und im selben Raum arbeiten. Während des Telefonats mit dem Chef dem Partner heisse Blicke zuwerfen, sich zwischen dem E-Mail Versand innig küssen und anstelle einer Kaffeepause gibt es eine Runde Quickie. Oder: Man ärgert sich von früh bis spät, wie der Partner in die Tastatur des Laptops tippt und sich beim Überlegen die Fingernägel abkaut. So laut, dass die Konzentration auf die eigene Arbeit fast unmöglich wird.
Patricia, Büroangestellte aus Zürich, arbeitet seit drei Tagen von zu Hause aus. Mit von der Partie ist ihr Freund, mit dem sie seit bald einem Jahr zusammen ist. «Wir machen uns am Morgen parat, als würden wir zur Arbeit gehen», sagt sie. «Wir sind sogar speditiver, aber die Kaffeepausen gönnen wir uns dennoch. Manchmal wird aus der Pause einfach ein bisschen mehr», lacht die junge Mutter. Entspannt sieht es auch die 35-jährige Nadina aus Herisau: «Mein Mann hat sein Restaurant geschlossen und davon profitiere ich.» Er könne ihr unter die Arme greifen mit den beiden Kindern, die nicht mehr in die Spielgruppe dürfen. «Dadurch werden meine Nerven weniger strapaziert», erzählt sie.
Madeleine Winterhalter, Fachstelle Partnerschaft – Ehe – Familie in St. Gallen, sieht verschiedene Herausforderungen für die Beziehung: «Zum einen gibt es plötzlich viel Nähe, die für das Paar schwierig wird. Dazu kommt, dass die meisten Freizeitaktivitäten wegfallen. Die gemeinsamen, aber auch diejenigen, die jeder für sich allein gepflegt hat», sagt sie. Um dem entgegenzuwirken empfiehlt Paartherapeut Hergen von Huchting in einem Interview im «Der Tagesspiegel»: «Paare müssen sich Raum lassen, damit jeder mal Zeit für sich hat.» Diese Situation könne auch eine Chance sein, damit man sich auf ganz andere Dinge besinnt und dadurch die Beziehung wieder bereichert. «Vielleicht hat diese Zeit den schönen Effekt wie beim grossen Stromausfall vor vielen Jahren. Die Menschen kuscheln mehr und wir freuen uns in neun Monaten über viel Nachwuchs.»