Saunas und Mineralheilbäder sind aufgrund der Corona-Massnahmen geschlossen. Eine Alternative ist das Eisbaden und deshalb dieses Jahr voll im Trend. Das wollte ich (Désirée Gächter toxic.fm-Redaktorin) mir nicht entgehen lassen und packte meinen Bikini. Dann ging es morgens um 8 Uhr in die Drei Weihern.
Die Sonne geht auf, der Himmel leuchtet orange und das Eis auf den Strassen glitzert. Im Auto höre ich meine Morning-Playlist mit dem Song Walking on Sunshine. Bei den Drei Weihern oberhalb von St.Gallen angekommen, parkiere ich mein Auto, packe meine Winterjacke, Yogamatte und Proviant. Unter der Winterjacke habe ich meinen Bikini schon an.
Winterwanderung zur Badestelle
Beide Hände voll mit Gepäck, mache ich mich auf den Weg zum mittleren Weiher. Dort treffe ich mich mit Dimitrij Itten. Er ist Yogalehrer in St.Gallen und geht wöchentlich zwei Mal Eisbaden. Vor meiner Ankunft hat er bereits mit einer Säge die 7 cm dicke Eisschicht aufgeschnitten. Zur Vorbereitung auf den Badedurchgang muss ich mich einwärmen und einige tiefe Atemzüge nehmen. Durch das Laufen vom Parkplatz zum Weiher habe ich das schon erledigt. Daher fangen wir direkt an, tief durchzuatmen und uns für die Kälte bereit zu machen.
Atmen ist das Ein und Alles
Während der Atemübungen muss ich mich langsam ausziehen, dabei die Atemtechnik aber beibehalten. Einatmen, Schuhe ausziehen und währenddessen länger ausatmen, als ich einatme. Nach den Schuhen folgen die Socken. Meine nackten Füsse versinken im Schnee und ich erstarre vor Kälte. Doch ich muss ruhig bleiben. Ich stehe im Bikini inmitten von Schnee und merke, wie ich durch das Atmen die Kälte gar nicht mehr spüre. Doch im Wasser war ich noch nicht.
Einfach weiteratmen
Dimitrij meint, dass ich auch im Wasser weiteratmen soll. Anscheinend beruhigt dies das Nervensystem. Auch die ganzen Gedanken werden dadurch ruhiger und man spürt die Kälte nicht. Nach einigen tiefen Atemzügen bin ich bereit für das Wasser. Ich halte mich am Geländer fest und tapse langsam aber sicher Richtung Weiher.
Natürlicher Whirlpool
Meine Zehen berühren die Wasseroberfläche. Doch ich darf mich nicht darauf konzentrieren. Der Fokus liegt weiterhin auf meiner Atmung. Beide Beine sind drinnen. Nun geht es ans Abtauchen. Langsam knie ich nieder und versinke immer mehr zwischen den Eisplatten. Die Atmung geht weiter. Als ich bis zum Bauchnabel drin bin, gehe ich nochmal einen Tritt runter und bin bis zur Brust im eiskalten Wasser. Es ist komisch, denn ich empfinde das Wasser als warm, obwohl es um die 0 Grad kalt ist. Dazu kann ich mich so entspannen, wie in einem Whirlpool. Da ich mich so auf meine Atemtechnik konzentriere, blende ich die Kälte wahrscheinlich oder ziemlich sicher aus.
Eiskalt meditiert
Wir stehen nach zwei Minuten im eiskalten Wasser langsam auf und steigen aus dem Weiher. Immer noch mit derselben aktiven Atmung. Ich bin grundsätzlich ein hibbeliger Mensch, aber durch diese Eis-Meditation bin ich ganz gelassen. Ich kann mich ohne zu hetzen in der Kälte anziehen. Dimitrij meint, dass man sich immer von unten nach oben anziehen soll. Diese Situation erinnert mich an ein Sprichwort meiner Oma: «Kopf kalt, Füsse warm, so wird der reichste Doktor arm.» Mit dem Badetuch habe ich mich ein wenig abgetrocknet und die Socken angezogen. Meine Zehen sind eiskalt und weiss oder rot, aber sie fühlen sich warm an. Dann folgt die Thermo-Hose und die gefütterten Winter-Stiefel. Ich spüre, wie mein Blut durch all meine Venen strömt.
Frisch und vital
Unter meiner Thermounterwäsche habe ich immer noch meinen triefend nassen Bikini an. Zu meinem Erstaunen habe ich aber überhaupt nicht kalt. Erst als ich zurück im Büro bin und mich anziehe, fange ich an zu schlottern. Zuerst nur die Hände, dann der ganze Körper. Nach einer heissen Tasse Tee wird aber alles wieder gut. Das liegt daran, dass Eisbaden die Durchblutung des Körpers fördert und somit auch das Immunsystem. Doch das ist nicht der einzige Vorteil. Seit dem Eisbaden fühle ich mich wach und frisch.
Zu 100% werde ich wieder ins Eis baden gehen.