Saufen als würde es kein neues Jahr geben. Die Dosis Alkohol über die Festtage deckt bei manchen das ganze Jahr ab. Um das schlechte Gewissen zu beruhigen, verzichten immer mehr Schweizer im Januar auf Spirituosen. Der Hintergedanke der Gesundheits-Challenge «Dry January» ist ein anderer.
Immer mehr Engländer gönnen ihrer Leber seit 2013 im Januar eine Pause. Die Aktion startete mit 4000 Mitgliedern, 2018 waren es bereits vier Millionen. Der trockene Januar erhält mittlerweile weltweite Aufmerksamkeit. Auch immer mehr Schweizer folgen dem Trend. Simon Weiss, Fachmitarbeiter Präventions- und Gesundheitsförderung Blaues Kreuz, unterstützt die Idee und möchte dem Hintergrund des «Dry Jan» mehr Beachtung schenken. «Die Challenge soll dazu auffordern, sich mit dem eigenen Alkoholkonsum auseinanderzusetzen und zukünftig zu bewussterem Trinken führen», erklärt der Fachmann.
Den Alkoholkonsum von 100 auf null zu drosseln hat verschieden Gründe. Für viele sind es die Festtage. Rachida Betschart macht die Challenge zum dritten Mal. «Ich verzichte im Januar auf Alkohol, weil ich es über die Festtage immer übertreibe und meinem Körper etwas Gutes tun möchte», begründet die internationale Saleskoordinatorin ihre Teilnahme. «Meine Haut wird viel besser und ich fühle mich nicht mehr so aufgedunsen», sagt sie. Der Verzicht falle ihr nicht schwer, ausser wenn sie mit Freunden tanzen gehe. Ganz anders ergeht es ihrem Partner. «Tag acht und es fällt mir sehr schwer», erzählt Markus Kuhlmann. «Ich trinke nicht viel, bin aber ein extremer Genusstrinker», trauert er seinem Glas Wein zum Abendessen hinterher. Es sei jedoch spannend, wie durch den Verzicht erst der Automatismus zu Alkohol auffalle. «In der Bar kann man ja auch Hahnenwasser und Tee trinken», grinst der Senior Product Manager. Positive Effekte zeigen sich aber schon. Er sei abends fitter, auch wenn er mal länger wach sei. Das kann auch Herr Weiss vom Blauen Kreuz unterschreiben. «Das Schlafverhalten verbessert sich ohne Alkoholkonsum rapid», meint er.
Ein Monat ohne Alkohol ist nicht viel, wenn die restlichen elf ein Saufgelage sind. Die Leber freue es dennoch, sagt Regine Rust, Geschäftsleiterin der Stiftung Suchthilfe St. Gallen. «Es ist eine kleine Entlastung für den Körper. Die Zellen der Leber erholen sich recht schnell», meint sie. Trotzdem: «Alkohol ist ein Zellgift. Je mehr man konsumiert, desto stärker greift es auf Dauer die Zellen an.» Paracelsus lehrte uns schon vor über 500 Jahren: «Alle Dinge sind Gift und nichts ohne Gift – allein die Dosis macht, dass ein Ding kein Gift ist.» Ob er auch einen “Dry Jan” gemacht hat, ist nicht überliefert.
Drei goldene Regeln um den «Dry Jan» zu meistern
1. Familie und Freunde informieren. So wird man nicht zum Trinken aufgefordert.
2. Vor gesellschaftlichen Anlässen sich bereits im Vorfeld Gedanken machen, was für ein alkoholfreies Getränk man trinken oder bestellen will.
3. Geteiltes Leid ist halbes Leid. Mit der Partnerin, dem Partner oder einer Freundin, einem Freund die Challenge antreten.