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«Deepfake» – der Enkeltrick 2.0

Trickbetrüger fälschen Telefonanrufe oder WhatsApp Nachrichten und führen die Empfänger aufs Glatteis. Die auf künstlicher Intelligenz basierende Kontaktaufnahme gibt sich als Familienmitglied oder Jobvermittler aus.

Vielen wird der Enkeltrick ein Begriff sein. Hier handelt es sich um ein betrügerisches Vorgehen. Dabei werden ältere oder hilflose Menschen per Telefon hinters Licht geführt. Die Betrüger:innen geben sich als nahe Verwandte aus. Sie erschleichen sich so unter Vortäuschen falscher Tatsachen deren Bargeld oder Wertgegenstände. Der Trick tauchte erstmals in den 70erJahren auf.

Künstliche Intelligenz – Next Level

Dieselbe Masche bringen die Kriminellen nun mit «Deepfake» auf ein neues Level. Jean-Claude Frick, Digitalexperte beim Internet-Vergleichsdienst Comparis, erklärt: «Deepfakes sind mediale Inhalte wie Fotos, Videos oder Audio-Dateien, die mithilfe von künstlicher Intelligenz absichtlich zu etwas verändert werden, dass so gar nie stattfand.» Man sieht oder hört Personen, die Sachen tun oder sagen, die sie tatsächlich gar nie getan oder gesagt haben. Medienmanipulationen sind zwar keine Neuheit, jedoch sind heute sogar weitgehend autonome Fälschungen durch maschinelles Lernen möglich. Dies öffnet neue und ungeahnte Dimensionen für Trickbetrüger:innen. Zusätzlich kann man sich auch Texte mithilfe künstlicher Intelligenz schreiben lassen oder Social Media Content kreieren.

Beispiele von «Deepfake»

Der CEO eines britischen Energieunternehmens wurde kürzlich durch ein «Deepfake» um umgerechnet knapp 210’000 SFr. betrogen. Hierbei wurde die Stimme seines Vorgesetzten aus dem Mutterunternehmen gefälscht, um einen Notfall-Geldtransfer anzufordern. Der Fake war so überzeugend, dass er gar nicht erst misstrauisch wurde. Die entsprechenden Gelder wurden jedoch nicht an das Büro des Mutterkonzerns sondern auf ein Drittanbieter-Bankkonto überwiesen. Der CEO bemerkte das Ganze erst, als sein Vorgesetzter erneut Gelder anforderte. Doch es war bereits zu spät, um die bereits überwiesenen Beträge zurück zubuchen. Gemäss Jean-Claude Frick können «Deepfake»s sowohl zu Desinformationskampagnen im Wahlkampf, Social Engineering (Ergaunern von Bankdaten) oder Überbrückung von biometrischen Systemen (Gesichtserkennungssysteme) verwendet werden. Betrug kann aber auch als ganz normale Phishing Whatsapp Nachricht auftreten.

Schutz vor «Deepfake»

Solltet ihr einen «Anruf» eines Familienmitgliedes erhalten, kontrolliert die Telefonnummer, überprüft Fakten und überlegt euch den Zusammenhang. Des Weiteren sind gerade bei Videos die Techniken oftmals noch im Anfangsstadium und qualitativ noch nicht auf dem Niveau eines Menschen. Es kann vorkommen, dass die Sprache nicht mit den Lippen der Person synchron verläuft, das Blinzeln komplett wegfällt oder ein unnatürlicher Sprachfluss. Dies können Indikatoren eines Deepfake-Videos sein, wie Digitalexperte Frick erklärt. Zusätzlich empfehlen Internetsicherheitsdienste sowie direkt betroffene Firmen folgende Massnahmen:

-Familien, Freunde, Mitarbeiter:innen und allgemein das eigene Umfeld über «Deepfake» informieren und Gefahren aufzeigen
-Kritisch sein
-Regelmässige Datenbackups schützen eure Daten und schaffen die Möglichkeit, beschädigte Daten wiederherzustellen
-Sofortiges Blockieren von suspekten Telefonnummern

Schlussendlich ist es heutzutage schwierig, einem Anruf oder Meldungen im Internet zu vertrauen. Hanspeter Krüsi, Polizeisprecher der Kantonspolizei St.Gallen, appelliert deshalb an die Bevölkerung: «Setzen Sie sich unbedingt mit dem Thema auseinander.»

Olivia Spuhler, 18.10.2023