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«Wir schaffen Transparenz»

Ein Bundesrat will seine Verbindung mit der Waffenlobby nicht veröffentlichen und der Zürcher Nationalrat Andri Silberschmidt ist kein Schulabbrecher mehr. Der Tatort dieser Intransparenz ist Wikipedia, der Detektiv, das Journalisten-Netzwerk Reflekt. Diese Recherche zu Schweizer Politikern, die ihre eigenen Wikipedia Einträge abändern, geht aktuell durch alle Medien. Doch was ist Reflekt und wie steht es um die Korruption in der Schweiz? Die Antwort gibt der Mitgründer und Redaktionelle Leiter des Journalisten-Teams Christian Zeier.

Sie bezeichnen sich als journalistischen Widerstand. Ein Widerstand, der sich gegen den Abbau und Qualitätsverlust im Journalismus richtet. Sie kämpfen mit Stift und Papier gegen Intransparenz, Missstände und Machtmissbrauch. Das Journalisten-Kollektiv Reflekt ist laut eigener Aussage das erste unabhängige und gemeinnützige Recherche-Team der Schweiz. Finanziert werden die monatelangen Recherchen einzig durch Spenden von Einzelpersonen und Instituten, sowie durch den Verkauf der Ergebnisse. Für Reflekt ist das oberste Ziel die «positive Veränderung der Gesellschaft durch investigativen Journalismus.» Reflekt konzentriert sich auf Themen, welche für die Schweizer Bevölkerung von Relevanz sind. «Mit unseren Recherchen schaffen wir Transparenz. Basierend auf unseren Erkenntnissen geben wir der direkten Demokratie in der Schweiz die Möglichkeit, etwas zu ändern», so der Mitgründer von Reflekt.

Drangsalierung und rechtliche Risiken

Christian Zeier reiste 2019 nach Mosambik. Dort recherchierte er über den grössten Finanzskandal der Geschichte des Landes. Involviert war die Schweizer Bank Credit Suisse. Für den dazugehörigen Artikel im «Magazin» erhielt Zeier 2020 den Swiss Press Award in der Kategorie Online. Nach den Recherchen flog Zeier unversehrt in die Schweiz, während seine Informanten aus dem ostafrikanischen Land einen Besuch der Polizei erhielten. «Unsere Journalistenkollegen aus Mosambik wurden von der Polizei drangsaliert, da merkt man wieder, wie gut wir es als Journalisten in der Schweiz haben.» Die Erfahrung, dass Journalisten im Ausland zunehmend einem Risiko ausgesetzt sind, zeigt auch die neuste Jahresbilanz der Organisation Reporter ohne Grenzen. Es waren noch nie so viele Pressevertreter in Haft wie 2021. Zwar müssten sich hiesige Journalisten nicht vor der Polizei fürchten, jedoch vor dem Recht. Damit keine rechtlichen Konflikte entstünden, sei eine sehr faire und saubere Berichterstattung essenziell, so Zeier. Ein zunehmendes Risiko schreckt den preisgekrönten Journalisten jedoch nicht ab. Angetrieben ist er von der Wichtigkeit, Misstände aufzudecken und Intrasparenz transparent zu machen. «Es gibt viele komplexe Themen, bei denen es sich weiterhin lohnt, hinzuschauen.»

Das kriminelle Drehkreuz Schweiz

Auch im Vorzeigeland Schweiz herrscht Intransparenz. Dies verdeutlicht die aktuelle Recherche des Journalisten-Teams rund um Christian Zeier. Sie zeigt, wie Schweizer Politiker ihre Wikipedia-Einträge verschönern. Der Ursprung der Recherche stammt aus Deutschland, dort untersuchte das Journalisten-Netzwerk Netzpolitik.org die Wikipedia-Artikel von deutschen Parlamentariern. In Zusammenarbeit mit den deutschen Kollegen untersuchte Reflekt die Wikipedia Artikel von Schweizer Politikern. Unter den 253 analysierten Einträgen findet sich auch jener von Bundesrat Ignazio Cassis. Er war kurzzeitig Mitglied des Waffenlobby-Vereins Pro Tell. Am ersten Arbeitstag als Bundesrat wurde dieser Hinweise jedoch von einem anonymen User mit einer IP-Adresse aus der Bundesverwaltung gelöscht. Trotz Zensurversuch aus der hiesigen Politik, sieht Zeier in der Schweiz keine grosses Risiko von Machtmissbrauch oder Intransparenz. «Die Schweiz steht gut da, wenn es um Machtmissbrauch oder Korruption geht. Spannend ist eher, dass die Schweiz oft Drehscheibe für unsaubere Geschäfte ist.» Die Schweiz spiele mit ihren Unternehmen eher international eine Rolle. Sie sei oft in grosse Finanzdelikte involviert, wie das Verschleiern von illegalen Geldflüssen.

Für Christian Zeier ist es wichtig ihre Inhalte verständlich zu kommunizieren. Das Izzy-Project habe eine gute Art Inhalte zu vermitteln, deshalb entstand mit dem Online-Medium ein Erklärvideo.

Sandro Oertli, 22.12.2021